Wir denken oft das Gleiche
Als Schwestern zusammen arbeiten? Valérie und Caroline vom Label Marin et Marine finden’s – meistens – toll
Die Schwestern sitzen im Atelier im Berliner Stadtteil Kreuzberg an großen Tischen und machen gemeinsam das Finish für einige der Seesäcke und Taschen, die gerade angekommen sind: hier noch eine Applikation aufnähen, dort noch Ösen in den Stoff einfügen. „Das macht uns Spaß, an solchen Details zu arbeiten, bevor wir unsere Stücke verschicken“, erzählt die Produktde- signerin Valérie Hebel vom Label Marin et Marine. „Wir mögen diesen Werkstattcharakter unserer Taschen.“ Caroline Hebel nickt. Die beiden sind Zwillingsschwestern. Wenn die eine etwas laut denkt, versteht die andere sofort, worum es geht. „Von der Art her sind wir verschieden“, erklärt Caroline, die Grafikdesign studiert hat. „Und doch ticken wir gleich.“ Dann fangen sie an zu lachen.
SOMMERFERIEN IN DER BRETAGNE
Valérie und Caroline (34) sind Deutsch-Französinnen, aufgewachsen in Wiesbaden. Aber ihre Sommerferien haben die Mädchen oft bei den Großeltern in der Bretagne verbracht. Es war eine intensive Zeit, erzählen sie, das Leben am Meer hat beide geprägt. Und ein alter Seesack des französischen Großvaters, der als Kapitän viel von der Welt gesehen hatte, brachte Valérie und Caroline am Ende auch beruflich zusammen. Denn er wurde zur Inspiration für das erste gemeinsam entwickelte Produkt: einen Sac Marin aus Baumwolle, langlebig und fair produziert. „Mir war schon als Kind klar, dass wir mal etwas zusammen machen würden“, sagt Valérie und schaut Caroline an. „Auch wenn wir nie drüber gesprochen haben.“ Nach dem Studium in verschiedenen Städten leben beide nun seit ein paar Jahren in Berlin. Und noch etwas war klar. Caroline sagt: „Wir möchten nicht auf Kosten der Umwelt oder anderer Menschen produzieren.“ Deshalb wird die Baumwolle, werden die pflanz- lich gegerbten Leder nur hierzulande verarbeitet.
DIE TRÄUMERIN UND DIE STRUKTURIERTE
Wie kann das sein: unterschiedlich zu sein und doch denselben Takt zu haben? Valérie versucht das Zwillingsschwestern-Gefühl zu erklären: „Wir führen natürlich zwei verschiedene Leben, haben Partner, erleben nicht immer dasselbe. Ich bin auch eher die Träumerin, die kreative Chaotin, und Carolin ist die Strukturierte, die unsere Ideen dann
in geordnete Bahnen lenkt. Aber wir verstehen uns trotzdem blind, haben denselben Geschmack und die gleichen Werte.“ Gerade arbeiten die kreativen Schwestern an einem Roll-on-Rucksack, in den auch ein Laptop passt. Er wird, wie alle Produkte des Labels, im eigenen Online-Shop und in beson- deren Läden in Deutschland und weltweit verkauft werden. Und obwohl die beiden von ihrem Label leben könnten, arbeiten sie doch noch zu zweit und einzeln an anderen Projekten.
ZWEI GESCHÄFTSPARTNERINNEN
Anfangs krachte es durch das Label oft zwischen den beiden, das geben sie zu. „Deine Schwester darfst du notfalls auch mal anschreien, die Ge- schäftspartnerin aber eher nicht“, meint Caroline. „Und wir haben gemerkt, dass wir uns verzetteln, wenn wir im Atelier ständig Privates besprechen“ , ergänzt Valérie. Lieber treffen sie sich am Wochen- ende oder verreisen zusammen. Weil sie unterwegs auf neue Ideen kommen. Aber nicht nur deshalb: „Klingt vielleicht komisch“, sagt Valérie, „aber ich vermisse nach einer Woche im Atelier einfach meine Schwester.“